Interview mit Dr. Michael Wandersleb, Geschäftsführer der Kommunale Informationsdienste Magdeburg GmbH und Vorstandsvorsitzender der Kommunalen IT-UNION eG
Herr Dr. Wandersleb, im Dezember 2009 haben Sie gemeinsam mit der Landeshauptstadt Magdeburg sowie der Gemeinde Barleben die Kommunale IT-UNION eG (KITU) ins Leben gerufen. Welche Idee steckt hinter dieser Genossenschaft?
Die Kommunen, also die Landkreise, Städte, Verbandsgemeinden und Gemeinden haben teilweise sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Ziele. Das ist gut so, denn es sorgt für eine vielfältige bunte Landschaft mit einem gesunden Wettbewerb untereinander. Die Grundfunktionen und übertragenen Aufgaben ähneln sich aber bzw. sind sogar identisch. Von daher macht es – ähnlich wie bei Sparkassen – Sinn, bei den technischen Lösungen, insbesondere bei der Informationstechnologie (IT) gemeinsame Lösungen zu realisieren. Um dieses organisiert möglich zu machen, wurde die Kommunale IT-UNION (KITU) als Genossenschaft gegründet.
Auf wessen Initiative hin wurde die KITU gegründet?
Letztendlich war in der kommunalen Familie Sachsen-Anhalts ein großes Interesse an interkommunaler Zusammenarbeit vorhanden. Den ersten Schritt haben aber die Landeshauptstadt Magdeburg und die Gemeinde Barleben gemacht. Die Idee, die Rechtsform der Genossenschaft zu wählen, stammte von mir. Nach der Gründung trat die Stadt Zeitz im Südosten unseres Landes bei, sodass damit sogleich klar wurde, dass Kommunen aus ganz Sachsen-Anhalt sinnvollerweise teilnehmen können. Mittlerweile hat KITU 85 Genossenschaftsmitglieder, i.w. Kommunen und kommunale Organisationen.
Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit der Kommunalen IT-UNION?
Wir bieten den Mitgliedskommunen eine Austauschplattform für die teilweise hochspezialisierten IT-Lösungen im Verwaltungsumfeld, Unterstützung bei der Umsetzung, sofern noch eigene IT-Spezialisten in den Rathäusern vorhanden sind, und insbesondere die Implementierung gemeinsamer Lösungen. Das Thema „Sicherheit“ spielt dabei eine mehrfach wichtige Rolle: Informationssicherheit, Datenschutz aber auch Verfügungssicherheit sind dabei wichtige Aspekte. Viele der Verwaltungsstandorte der Landratsämter und Rathäuser sind wie die Unternehmen, Schulen und Privatwohnungen mehr schlecht als recht an das Internet angeschlossen. Das behindert natürlich unsere Arbeit. Statt des gemeinsamen Betriebs in einem spezialisierten Rechenzentrum müssen wir uns oft damit behelfen, dass kleine Rechenzentren vor Ort erhalten und dann aus der Ferne von uns betrieben oder überwacht werden müssen. Unser Ziel ist es natürlich, ähnlich wie bei den Schulen, wo diese Aktion gestartet und bis 2022 realisiert sein soll, alle Kommunalverwaltungen in einem gemeinsamen Netz zusammenzuführen, um bessere interkommunale Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Woran lassen sich die Potenziale zur Steigerung der Dienstleistungsqualität in den Kommunen bei gleichzeitiger Senkung von Verwaltungskosten festmachen?
„Billig“ scheitert. Die Erwartungen der Bürger und Unternehmen an die Dienstleistungsqualität der öffentlichen Verwaltung steigen. Die demografische Entwicklung auch bei den Beschäftigten in den Ämtern führt zunehmend dazu, dass mehr und bessere Leistungen mit weniger Personal erbracht werden müssen. Und außerdem kommt hinzu, dass ein neues Feld zunehmend große Bedeutung erlangt: die Schul-IT, für die ja als Schulträger die Kommunen verantwortlich sind. Mittel- bis langfristig wird die Schul-IT die Verwaltungs-IT von ihren erforderlichen Investitionen und Aufwendungen einholen. Vergessen wir auch nicht, dass Ereignisse wie die Corona-Pandemie deutlich die Notwendigkeit von äußerst leistungsfähiger öffentlicher IT zeigen. Der Bedarf, als Unternehmen oder Bürger bestimmte Anliegen abschließend zu erledigen, ohne „aufs Amt“ gehen zu müssen, ist deutlich gestiegen.
An welchen eGovernment-Projekten arbeiten Sie gerade?
Das ganz große gemeinsame Projekt aller Verwaltungen vom Bund bis zu den Kommunen ist die Umsetzung des OZG (Onlinezugangsgesetzes), das vorschreibt, das die 575 wichtigsten Verwaltungsleistungen bis 2022 abschließend online bearbeitet werden können. Die meisten dieser Leistungen müssen von den Kommunen erbracht werden. Hierbei leisten wir in Sachsen-Anhalt einen wesentlichen Beitrag. Zur Zeit geht es u.a. um die Implementierung eines Urkundenportals, das elektronische An- und Abmelden von Kraftfahrzeugen, elektronische Ein- und Ausgangsrechnungen und vieles mehr. Bei allen Aktivitäten ist wichtig zu beachten, dass es nicht nur um die Schnittstelle zwischen Bürger/ Unternehmen und Verwaltung geht. Das ist keine Digitalisierung. Die aufgrund der Gesetze und Verordnungen teilweise hochkomplexen Prozesse innerhalb der Verwaltungen müssen ebenfalls digitalisiert werden. Nur so sind die gewollten und erforderlichen Effekte zu erzielen. Da liegen noch viele große und spannende Aufgaben vor uns.