Interview mit Christine-Susanna Tirnaksiz, Geschäftsführerin der LMG Manufacturing GmbH Hoym

(07.03.2023; Hoym, Stadt Seeleand, Sachsen-Anhalt) Rechtzeitig vor dem Internationalen Frauentag erreichten uns die Antworten auf unsere Fragen an Christine-Susanna Tirnaksiz, Geschäftsführerin der LMG Manufacturing GmbH in Hoym.

Sehr geehrte Frau Tirnaksiz, haben Sie an der Technischen Hochschule Nürnberg unter anderem Betriebswirtschaft sowie Produktions- und Materialwirtschaft studiert,
um heute als CEO der LMG Manufacturing GmbH in Sachsen-Anhalt zu agieren?

Christine-Susanna Tirnaksiz

Nein. Mein persönliches Ziel war nie, ein CEO irgendeines Unternehmens zu werden.
Mein Werdegang ist eher Finanz- und IT-lastig gewesen in unterschiedlichen Branchen mit unterschiedlichen Produktionsabläufen. Das Studium der Produktions- und Materialwirtschaft benötige ich zum Verständnis der Prozesses und somit für die Interpretation von Finanzzahlen.

Um eine Empfehlung oder eine Entscheidung zu treffen, sollte man in beiden Bereichen, Zahlen und Prozesse fit sein.

Ist der Standort Hoym/Stadt Seeland für Sie eine attraktive berufliches Karriere-Etappe mit Perspektive?

Was ist Karriere? Ich bin noch nie von den Gedanken angetrieben worden eine Karriere-Etappe zu erreichen. Mein Ziel ist und war es einen guten Job zu machen, viel Freude zu haben und die gesteckten Ziele mit dem Team gemeinsam zu erreichen.
Seit dem ersten Tag in Hoym, haben wir erkannt, wie groß das Potential des Unternehmens ist. Wobei hier anzumerken ist, das angesprochene Potential liegt ausschließlich an den Kollegen und nicht an den vorhandenen Anlagen.

Gegen wie viele Männer haben Sie sich 2022 bei der Besetzung Ihrer heutigen Position bei dem vom indischen Traditionsunternehmen Jaya Hind durchsetzen können?

Keine, ich bin bereits seit Anfang 2021 Geschäftsführer an dem Standort.
Die neuen Eigentümer Jaya Hind, in Person von Herrn Prasan Firodia, hatten von Anfang an den Wunsch, dass ich das so weiterführen soll wie bisher. Wenn man all sein Herzblut in die Arbeit steckt und das nicht so schlecht umsetzt, bin ich der Meinung, spielt es keine Rolle, ob man Frau oder Mann ist. Zumindest sind das meine Erfahrungen bis heute in meinem Berufsleben.
Zu dieser Position in Sachsen-Anhalt bin ich ausschließlich über Empfehlungen und Vertrauen in meine Fähigkeiten gekommen. Ich glaube am Ende ist es das was zählt.

Fühlten Sie sich als Frau im Bewerbungsprozess gleichgestellt?

Ja. Ich hatte in den letzten 20 Jahren lediglich ein Vorstellungsgespräch, in dem mir vermittelt wurde, eine Frau wäre doch besser für die Hausarbeit geeignet.
Was macht man in so einer Situation? Man bedankt sich dem Gegenüber für den Kaffee, steht auf und beendet das Gespräch.

Wie beschreiben Sie selbst Ihren Führungsstil zur Steuerung eines aufstrebenden Unternehmens in einer Branche, die sicher eher von der Dominanz männlicher Mitarbeiter geprägt ist?

Kollegial, kommunikativ und offen. Die Mitarbeiter, für mich Kollegen, hatten diesbezüglich keinerlei Vorurteile. Die Thematik in der Druckgussbranche und als Frau ein Unternehmen zu leiten, kommt häufig von externen Quellen und nicht von intern.
Es gab schon manches Gespräch bei uns im Hause, wo im Nachhinein die Kollegen entsetzt waren, dass externe Besucher sich im Ton vergriffen haben. Da darf man nicht zimperlich sein und von außen betrachtet kann es jeder besser. Nachmachen ist die Kunst.

„Mit der Erweiterung Ihres Produktportfolios wollen Sie In jedem in Deutschland produzierten E-Fahrzeug künftig die in Hoym hergestellte Teile integrieren“, zitiert Sie die IMG Sachsen-Anhalt. Können Sie sich vorstellen, dass Sie bei der Aufstockung Ihrer Belegschaft zur Erreichung Ihrer unternehmerischen Ziele zum Aufbau von Kapazitäten zur Produktion von Komponenten für E-Fahrzeuge überdurchschnittlich viel weibliche Fachkräfte gewinnen werden?

Bei einem Auswahlprozess von Mitarbeitern steht bei der LMG Manufacturing GmbH lediglich die Qualifikation und die Motivation der neuen Kollegen im Vordergrund.
Wir benötigen Kolleginnen und Kollegen die mit uns die Zukunft gestalten möchten und das ist unabhängig vom Geschlecht. Wir freuen uns über jeden, der Teil des Teams werden will.

Wäre dieser Weg auch mit dem Anforderungsprofil zu besetzender Stellen in geplanten neuen Fertigungshalle und mit den Visionen Ihres indischen Gesellschafters vereinbar?

Der Erwerb eines Tochterunternehmens in Europa ist für das Unternehmen Jaya Hind neu. Die kulturellen Unterschiede sind beiden Seiten bewusst und deshalb vertraut Herr Prasan Firodia unserer Expertise.

Wir haben ein gemeinsames Ziel und auch ein gemeinsames Verständnis der Werte, die für uns wichtig sind. Somit entspricht die Vision des indisches Gesellschafters der Vision der LMG, einen Standort auszubauen in dem alles möglich ist.