IHK-Konjunkturumfrage: Die Katastrophe bisher ausgeblieben – Skepsis bleibt

IHK Halle-Dessau: Die Coronakrise hat die regionale Wirtschaft hart getroffen – jetzt lässt der Schock ein wenig nach. Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) für das zweite Quartal zeigt: Nachdem das Geschäftsklima im Frühjahr heftig eingebrochen war, sehen die Unternehmen im zweiten Quartal klarer – sowohl was die Schäden aber auch die Perspektiven betrifft: „Die Geschäftserwartungen hellen sich dabei zwar auf“, analysiert IHK-Konjunkturexperte Danny Bieräugel. „Die Unternehmen bleiben beim Blick nach vorne aber skeptisch und halten sich mit ihren Zukunftsplanungen noch zurück.“

Gleichzeitig würden jetzt die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen durch Pandemie und Eindämmungsmaßnahmen erkennbar, berichtet Bieräugel. „Die Unternehmen sehen ihre aktuelle Geschäftslage im Krisenquartal deutlich negativer als noch im Frühjahr.“ Dieser Rückgang werde allerdings durch den aktuell weniger pessimistischen Ausblick mehr als ausgeglichen, erklärt Bieräugel. Der IHK-Geschäftsklimaindex – hier werden Lagebewertung und Erwartungen gegeneinander gerechnet – bewege sich aufwärts, bleibe mit -5,8 Punkten aber negativ.

Vor diesem Hintergrund bewertet IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Thomas Brockmeier die staatliche Unterstützung positiv: „Es war und ist die richtige Entscheidung, die Wirtschaft mit öffentlichen Finanzmitteln kurzfristig zu stabilisieren.“ Aber auf Dauer könnten auch die massivsten Ausgaben strukturelle Verwerfungen nicht verhindern. „Hier brauchen wir stattdessen bald eine Wirtschaftspolitik, die mittel- und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärkt“, sagt Brockmeier. Unter anderem fordere die IHK deshalb, die Gewerbesteuer zu reformieren und die EEG-Umlage abzuschaffen.

Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen:

In der Industrie sinkt das Geschäftsklima nicht weiter ab, mit  10,8 Punkten bleibt der Indexwert weitgehend konstant. Allerdings ist die Geschäftslage deutlich eingebrochen: Mit -0,4 Prozentpunkten wird die Nulllinie unterschritten, dies war zuletzt 2009 der Fall. Auftragseingänge, Umsätze und Gewinne – überall melden die meisten Industrieunternehmen Einbußen. Der Ausblick bleibt pessimistisch, wenngleich nicht mehr ganz so düster wie zuvor: Die Erwartungen der Unternehmen für die weitere Entwicklung haben sich immerhin aufgehellt.

Beim Bau ist eine moderate Abkühlung zu beobachten. Das Geschäftsklima bleibt mit 11,9 Punkten konstant und im Plus. Weil die übliche Steigerung im Sommerquartal ausfällt, zeigt sich saisonbereinigt ein leichter Rückgang. Die Geschäftslage ist allerdings auf gutem Niveau stabil – ein solides Auftragspolster gibt bisher keinen Anlass zur Sorge. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen haben sich verglichen mit dem Vorquartal kaum verändert, der Pessimismus überwiegt weiterhin.

In der Dienstleistungswirtschaft löst sich der Schockzustand auf. Die massive Verunsicherung des Vorquartals lässt angesichts wieder klarerer Perspektiven nach. Die deutliche Erholung bei den Geschäftserwartungen gleicht die verschlechterte Geschäftslage sogar mehr als aus. Das sorgt für eine Gegenbewegung im Gesamttrend: Mit -0,6 Punkten wird wieder ein nahezu neutrales Geschäftsklima erreicht.

Für den Handel gilt: Schock verdaut, die Zuversicht kehrt zurück. Das Geschäftsklima verbessert sich auf -12,0 Punkte. Die Geschäftslage wird erfreulich stabil bewertet, auch wenn Gewinne und Umsätze weiter zurückgegangen sind. Die Erwartungen hellen sich verglichen mit dem Frühjahr auf und liegen auf Vorjahresniveau. Trotz anhaltender Einschränkungen, die vor allem den Umsatz belasten, blicken die Händler etwas zuversichtlicher nach vorn. Das betrifft etwa geplante Investitionen.

Der Geschäftsklimaindex im Verkehrsgewerbe bleibt mit -28,2 Punkten auf einem schlechten Niveau. Die Lage trübt sich weiter ein und spiegelt die Krisenfolgen: Mehr als drei Viertel der Verkehrsunternehmen berichten von gesunkenen Umsätzen, Gewinnen und Auftragseingängen. Mehr als 60 Prozent empfinden ihren Auftragsbestand aktuell noch immer als zu klein. Der Blick nach vorn fällt indes etwas optimistischer aus als noch im Frühjahr. Aber die aufgehellten Erwartungen können die negative Lagebewertung nicht ausgleichen.

Zur Methodik

Für den Konjunkturbericht befragt die IHK viermal im Jahr eine repräsentative Stichprobe ihrer Mitgliedsunternehmen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie zukünftig erwarten.

Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden um saisonale Effekte bereinigt, nach Branchen gewichtet und ausgewertet. Indexwerte zeigen jeweils den Saldo zwischen dem Anteil positiver und negativer Einschätzungen.

Lesebeispiel: Wenn 60 Prozent der befragten Unternehmer die Geschäftslage als schlecht einschätzen, 25 Prozent als neutral und 15 Prozent als gut, dann beträgt der resultierende Wert -45 Punkte. Im Gesamtindex werden Lagebewertung und Erwartungen zusammen-gefasst. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. Im südlichen Sachsen-Anhalt nehmen regelmäßig etwa 600 Unternehmen an der Befragung teil.