Wir unterhielten uns mit Regierungsoberamtsrat Klaus Roth, dem Leiter Kundenservice der Bundeswehr, dem auch der Jobservice und damit der Service des Berufsförderungsdienstes (BFD) der Bundeswehr angehört. Dieser soll den Soldatinnen und Soldaten am Ende ihrer Dienstzeit helfen, sich nach ihrem Ausscheiden wieder bestmöglich im Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Sehr geehrter Herr Roth,
in unserem Beitrag in der NEWSBOX der WIRTSCHAFTSPOST “Was kommt nach der Bundeswehrzeit?” motivieren Sie Ihre potenziellen Verbündeten, den kostenlosen Service des Berufsförderungsdienstes (BFD) der Bundeswehr zu nutzen.
Wie beschreiben Sie das Netzwerk, in dem Sie bereits agieren?
Es ist familiär. In Magdeburg ist es fast wie auf einem Dorf: Man kennt sich und wird als “Neuer” gut aufgenommen. Diese Tatsache macht das Netzwerk in seiner Form sozusagen effizient. Es setzt allerdings voraus, dass man Vorhaben gemeinsam voranbringen möchte. Daran “klemmt es” aber gerade hier in Magdeburg – es gibt viele unterschiedlichen Interessen, die ein gemeinsames “Wirken” hemmen.
Für meine Rolle in diesem Netzwerk ist das allerdings nicht von Bedeutung, sondern lediglich eine Beobachtung.
Wer sind bislang die Partner des BFD aus der Wirtschaft, gibt es Referenzen, auf die Sie stolz sind?
Nun ja, ich habe eigentlich die gesamte Arbeit und die gute Vernetzung meinem Vorgänger – Herrn Regierungsoberamtsrat Klaus Specht – zu verdanken, der jetzt im wohlverdienten Ruhestand ist. Er aber diese für den BFD wichtigen Netzwerke aufgebaut. Ich habe Sie lediglich nach der Corona-Pause wiederbeleben müssen – was mir sehr gut gelungen ist. Stolz bin ich darauf, dass ich es geschafft habe, 2023 das alte Netzwerk des BFD in seiner Form komplett “wiederzubeleben”.
Welche Qualifikationen und Fähigkeiten vermittelt die Bundeswehr ihren Soldatinnen und Soldaten schon während des aktiven Dienstes, von denen später die Wirtschaft profitieren könnte? Welche Anpassungen und Qualifizierungen des BFD können helfen, noch vorhandene Defizite abzubauen?
Pauschal lässt sich die Frage zu den Qualifikationen unserer Soldatinnen und Soldaten nicht beantworten. Das wäre vielleicht in einem kommenden Interview von Bedeutung, in dem Sie uns eine Branche (z. B. Logistik, Medizin oder anderes vorgeben). Generell kann man sagen, dass wir alle Bereich der möglichen Qualifizierung mit unseren Soldatinnen und Soldaten “abdecken”. Entweder bringen sie einen passenden Abschluss mit oder die Bundeswehr selbst qualifiziert die Soldatinnen und Soldaten so, dass Sie in ihrer Funktion die bestmögliche Bildung besitzen.
Auch die Tätigkeiten des BFD kann man kurz in Beratung und Förderung zusammenfassen. Dabei unterteile ich in folgende Punkte:
- Individuelle Beratung für maßgeschneiderte Eingliederung
Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit (SaZSoldatinnen und Soldaten auf Zeit), Freiwilligen Wehrdienst Leistende oder Berufssoldatinnen und Berufssoldaten mit besonderer Altersgrenze (BO41 = Jetpiloten) werden schon während ihrer militärischen Dienstzeit auf ihren nächsten Lebensabschnitt vorbereitet. Über 900 qualifizierte Fachkräfte des Berufsförderungsdienstes beraten und betreuen bundesweit und im Ausland. Die Fragen zur Berufswahl, zur beruflichen Qualifizierung und zur finanziellen Absicherung nach Ende der Dienstzeit werden so geklärt. Sie werden von der Bundeswehr mit einem umfangreichen Förderungs- und Dienstleistungsangebot versorgt. Das regelt das Soldatenversorgungsgesetz (SVG). - Individuelle Unterstützung mit qualifizierten Fachkräften
Ehemalige Soldatinnen und Soldaten sind gut ausgebildete Fachkräfte für den Arbeitsmarkt. Sie nutzen die militärische Zeit, um sich fachlich weiterzubilden und Berufserfahrung in unterschiedlichen Bereichen zu sammeln. - Dienstzeitbegleitende Förderung
Bereits während der militärischen Dienstzeit kann der Einstieg in das zivile Berufsleben aktiv gestaltet werden. Durch Teilnahme an Bildungsmaßnahmen, die der Berufsförderungsdienst anbietet, können vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten aufgefrischt und zusätzliche Qualifikationen erworben werden. Dadurch kann der Berufsstart beschleunigt oder der Weg für eine Weiterbildung eröffnet werden. - Förderung am Ende und nach der Wehrdienstzeit
Abhängig von der individuellen Verpflichtungszeit besteht ein gestaffelter Anspruch auf Förderung der schulischen und beruflichen Bildung. Für die schulische Bildung gibt es die Bundeswehrfachschulen. Hier werden höherwertige Schulabschlüsse erworben oder spezielle Vorbereitungskurse, zum Beispiel für einen Studienbeginn, durchgeführt. Zum Angebot gehört auch die Ausbildung zur staatlich geprüften Erzieherin/ zum staatlich geprüften Erzieher. Eine verkürzte Ausbildung zur Kauffrau/ zum Kaufmann für Büromanagement wird auch angeboten. Unter beruflicher Bildung versteht man die fachberufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung in öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen, Betrieben, Verwaltungen und Hochschulen. Individualität ist dem BFD Berufsförderungsdienst der Bundeswehr wichtig. Im Zusammenspiel mit frühzeitiger Beratung und Förderung während der Dienstzeit wird hier ein maßgeschneidertes Paket zur Unterstützung der Eingliederung in den Zivilberuf geschnürt.
Dabei ist dem BFD Berufsförderungsdienst der Bundeswehr eine enge Zusammenarbeit mit den Soldatinnen und Soldaten wichtig, damit die individuellen Ziele erreicht werden können.
Können Sie bitte anhand weniger Zahlen verdeutlichen, welche Dimension Ihre Personaldienstleistung für Sachsen-Anhalt umfasst?
Das könnte man immer mit genauen Zahlen je Monat belegen. Allerdings kann man auch einen Faustformel ansetzen. Die Bundeswehr sucht jedes Jahr etwa 16.000 neue Soldatinnen und Soldaten. Das wären für jedes Bundesland etwa 1.000. Da Sachsen-Anhalt in Bevölkerungszahlen eines der kleineren Bundesländer ist, ziehen wir von den etwa 1.000 je Bundesland nochmal gut 300 ab und kommen somit auf 700. Von diesen 700 entscheiden sich etwa die Hälfte für einen Widereinstieg in die Bundeswehr oder eine berufliche Zukunft im öffentlichen Dienst. Damit bleiben ungefähr 350 für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt übrig, die jedes Jahr aus der Bundeswehr wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und einen Arbeitsplatz in Sachen-Anhalt suchen. Im Jahr 2023 waren es aber sogar 450 Arbeitskräfte.
Die Verbände und Kammern bieten eine Flut von Beratungs- und Informationsveranstaltungen für Menschen an, die Unternehmen gründen oder als Nachfolgekandidaten in die Fußstapfen gealterter Unternehmer steigen sollen und wollen. Ist auch die Vermittlung in eine selbstständige Tätigkeit oder in offene Nachfolgestellen in der Wirtschaft in Verbindung mit Beratung und Qualifizierung eine Option für Ihren Service?
Da tun wir bereits einiges – wenn der Bedarf besteht. So arbeiten wir z. B. mit der Handwerkskammer und der dortigen Betriebsnachfolgebörse zusammen. Soldat*innen, die Interesse an einer Selbstständigkeit haben, werden durch uns entsprechend informiert und erhalten alle Informationen die Sie benötigen, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen und dort zu bestehen.
Gibt es dafür vielleicht sogar Fördertöpfe, die Sie nutzen könnten?
Fördertöpfe für Unternehmensnachfolge bietet ja in der Regel die Kfw und anderer Institutionen – der BFD hat keine vergleichbaren Möglichkeiten.
Wie ist Ihr eigenes Team personell aufgestellt? Greifen Sie selbst auf externe Dienstleister zu, um die Potentiale Ihrer Arbeit auszuschöpfen oder Ihre Ziele schneller zu erreichen?
Die personelle Ausstattung der BFD im Bundesgebiet richtet sich nach der Personalstärke der zu betreuenden Bundeswehrstandorte. Für die in Sachen-Anhalt stationierten Bundeswehreinheiten haben wir 9 Beraterinnen und Berater (zur Beratung der Soldatinnen und Soldaten am Standort) und 5 Kolleginnen im Jobservice als Schnittstelle zur Wirtschaft. Dazu kommen 4 Bürokräfte.
Auf externe Dienstleistungen können wir leider nicht zurückgreifen, da dies der Aufgabe des BFD entgegenstehen würde. Außerdem haben wir dafür keinerlei finanzielle Möglichkeiten.
Ist die Zusammenarbeit mit privaten Personaldienstleistern ganz allgemein und konkret gewollt und möglich? Zu welcher Vorgehensweise raten Sie interessierten Anbietern der Branche, die mit dem BFD an einem Strang ziehen wollen?
Eine Zusammenarbeit kann möglich sein. Dazu muss der Personaldienstleister aber bereit sein, “andere Wege” zu gehen. Eine Zusammenarbeit im Rahmen einer zu erbringenden Dienstleistung im Rahmen der Personalgewinnung für ein Unternehmen (also einem Kunden des Personaldienstleisters) ist für uns als BFD nicht möglich, das es unserem gesetzlichen Auftrag widerspricht und auch gegen geltende rechtliche Regelungen verstoßen würde.
Es gibt als keine Vorgehensweise zu der ich raten könnte. Allerdings ist es nie falsch, ein persönliches Gespräch zu suchen, um Schnittstellen zu besprechen.
Mit Ihren Angeboten bieten Sie Lösungen für die Wirtschaft, nach denen die Politik und Öffentlichkeit seit Jahren rufen. Mit welcher Strategie bedienen Sie die Medienlandschaft unseres Landes und ließen sich daraus in der Vergangenheit bereits Erfolge für Ihre Arbeit ableiten?
Der Berufsförderungsdienst (BFD) ist Teil der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr. Seine Aufgabe ist aber nicht, Personalgewinnung für die Bundeswehr zu betreiben, sondern das Personal der Bundeswehr am Ende der Dienstzeit wieder bestmöglich im Arbeitsmarkt zu platzieren. Dies soll die Attraktivität der Bundeswehr als “Arbeitgeber auf Zeit” steigern, da die meisten Soldatinnen und Soldaten einen Zeitvertrag mit der Bundeswehr eingehen.
Die Medienstrategie für den Bereich der Personalgewinnung wird durch die Oberbehörde in Köln – das Bundesamt für das Personalmanagement (BAPersBw), vorgegeben. Gleichzeitig ist eine Abteilung im Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) involviert. Dort wird die Bundeswehr in einer “Arbeitgebermarke Bundeswehr” definiert. Diese engen Grenzen sind von uns zu beachten und geben eigener Kreativität eigentlich keinen Raum. Ich halte das auch für sinnvoll, da ich hier nicht für den BFD Magdeburg handle, sondern immer für den Arbeitgeber Bundeswehr mit einem eigenen Corporate Design.
Leider findet aber die Arbeit des BFD in der medialen Werbung der Personalgewinnung der Bundeswehr kaum einen Platz. Kreativ kann man als BFD Magdeburg aber immer dann sein, wenn über uns berichtet wird und wir lediglich bei der Gestaltung der Beiträge eines anderen behilflich sind.
Weitere Informationen zu Karrierechancen in der Bundeswehr und zum Berufsförderungsdienst der Bundeswehr finden Sie unter www.bundeswehr.de.